huhu, da bin ich wieder

Mein Schnelltest ist positiv, ein Podcast über Ukraine läuft und ich sitze unter meinem Dachfenster und versuche meinen Schleim abzuhusten.

Das ist zeitgenössische Kunst, denke ich mir, zeitgenössischer geht es kaum. Ich bin eine Installation. Eine Kunstausstellung. Ich erinnere mich an einen Besuch einer Kunstausstellung. In einem Raum stand ein Fahrrad mit all den Sachen die man für eine Fahrradtour über Wochen braucht - und dazu lief ein Film der auch über mehrere Tage ging. Ein Mann hat seine Fahrradtour gefilmt - ohne Pause - und das lief da. Es hatte was. Das hier ist genau so gut. Kunst ist ja schließlich Kunst, wenn der Künstler es für Kunst erklärt.

Und irgendwie bin ich inspiriert zu schreiben. Eigentlich schon seit Tagen, aber heute tu ich es einfach. So verschleimt und belegt meine Gedanken sind. 

Für mich fühlt es sich an, als würde die Welt aus den Fugen geraten. Aber es ist eine Illusion, dass sich die Welt jemals innerhalb irgendwelcher Fugen aufgehalten hat. Außer vielleicht die paar Tage nach der Schöpfung. Aber dieses Wissen erspart mir nicht das Gefühl. Das Gefühl, dass keiner mehr die Kontrolle hat. Ich bin jetzt dreißig. Und nicht nur die Welt gerät immer mehr aus den Fugen - ich tu es auch. Ich habe mit Jugendarbeit aufgehört und meine Freundin analysierte vorsichtig, dass ich gerade psychisch gesehen eine Trennung durchlebe. Und ich glaub das tu ich. Nicht nur was Jugend angeht. Ich bin in einem Trennungsprozess mit meinem Leben würde ich behaupten.

Ich bin enttäuscht. Ein Typ aus meiner Gemeinde reitet immer darauf rum dass enttäuscht sein eigentlich was gutes ist, weil man ENT-TÄUSCHT wird. Einem wird eine Täuschung genommen. Und diesen Prozess beobachte ich in so vielen Bereichen meines Lebens. Mir entgleitet vieles. Aber das schlimmste ist, dass ich nicht das Gefühl habe dass irgendjemand es besser hinbekommt als ich. Außer die Person ist Anfang 20. Aber so sehr ich diese Menschen liebe und sie schätze, sieht es für mich immer so aus würden sie noch in der Täuschung leben die mir genommen wurde. Und ich beneide sie darum. 

Das klingt jetzt alles sehr schwer und verbittert. Aber mit dem Frühling kommt für mich auch wieder eine Leichtigkeit in das Ganze. Weil ich auch meiner Enttäuschung gegenüber gleichgültig werde. Sie ist noch da, aber sie ist mir irgendwie egal. Ich bin ein sehr melodramatischer Mensch und bis jetzt habe ich mir mein Leben immer wie einen Film vorgestellt, indem ich die Hauptrolle spiele, habe auch immer den passenden Soundtrack parat. Das ist nicht mehr so. Ich habe nicht mehr die Hauptrolle in meinem Leben. Ich schwimme hier nur mit ein paar Leuten vor mich hin. "Schwimmen" trifft es für mich so gut. Die ersten Wellen waren noch aufregend, danach nervig und überraschend, aber mittlerweile bin ich die Überraschung leid - ich habe aber auch gelernt dass ich nichts dagegen tun kann und deshalb arrangiere ich mich. 

Ich hatte eigentlich noch nie das Gefühl dass ich mich "arrangiere". Ich dachte immer dass ich es im Griff habe und es ziemlich gut meistere. Aber das habe ich nicht mehr. Ich passe mich nur noch den Umständen an. Das Ding ist, dass ich nicht denke, dass irgendwas anders geworden ist. Außer dass meine Illusion verblasst. Ich erkenne wie wenig ich erkannt habe. Und erst war das schwer, aber jetzt ist es mir egal. Es ist die Wahrheit und die Wahrheit macht uns frei. 

Aber es ist halt nicht die ganze Wahrheit. Und das ist es, was mir ein Stück Leichtigkeit in meiner gefühlten Schwere zurückgibt. 

Jesus hat die Welt überwunden.

Ich kannte diesen Satz schon immer, aber er hat mir noch nie so viel bedeutet wie heute. 

Er hat die Welt überwunden.

Diese Tatsache muss mich nicht dazu veranlassen, es ihm gleichzutun - sie soll mich nur trösten. 

Und getröstet sein ist vielleicht nicht das, was uns reicht. Uns wird gelehrt dass wir siegreich sein sollen. Aber ganz ehrlich, auf "siegreich" hab ich so gar kein Bock mehr. 

Für heute reicht es mir, getröstet zu sein.



(Lied auf spotify