Ob Gott Leid zulässt



Ob Gott Leid zulässt, oder schickt.








Ich habe dieses Thema noch nicht völlig fertig gedacht. Ich scheitere (wie fast alle Christen) bei zwei Fragen:
1. Inwiefern kann Gott uns Sünde/den Folgen der Sünde (Krankheit usw.) bewusst ausliefern?
2. Warum sollte er dies tun?

Trotzdem habe ich einige Gedanken, die ich gerne hier teilen möchte.

Ich habe ein großes Problem damit, wenn man Gott mit einem Vater vergleicht, dessen Kind auf dem Weg zum heißen Herd ist – und der die Hand nicht weg zieht und dem Kind diese eigene Erfahrung lässt.
Das will und will einfach nicht in mein Gottesbild passen. Dieser Vergleich macht mir Angst. Ich fühle mich einem willkürlichen Gott ausgeliefert.


Ich habe eine Geschichte meiner Kindheit, die einige erschrecken wird.

Ich war einmal allein zuhause. Ich weiß nicht wie alt ich war, aber ich vermute, ich war noch nicht in der Schule. Meine Eltern waren einkaufen und ich fand es ganz besonders gemütlich und zündete ein paar Kerzen an. Als ich meine Eltern die Tür aufschließen hörte, pustete ich sie schnell aus. Mein Vater kam ins Zimmer und fragte mich, ob ich Kerzen angezündet hatte und hinter weichem Wachs und glimmenden Docht sagte ich ängstlich „nein.“ Mein Vater nahm ein Feuerzeug, setzte sich neben mich, nahm meine Hand – und verbrannte mir ganz leicht meinen Finger. Er schmiss das Feuerzeug in die Ecke und ging aufgewühlt.
Desto mehr ich über diese Begebenheit nachdenke, desto mehr wünsche ich mir, Gott wäre lieber dieser Vater – als der, der das Kind an den Herd laufen lässt.
Mein Vater wusste, ich würde noch oft allein zuhause sein. Ich würde wieder Kerzen anzünden – und das könnte ziemlich gefährlich werden.
Er hätte warten können, bis ich selbst in eine gefährliche Situation gerate – oder mich eine von ihm kontrollierten Situation bringen, in der ich lernen würde, dass Feuer gefährlich ist.
Ich lernte das Feuer gefährlich ist. Ja - ich war auch sauer auf meinen Vater, aber ich hatte eine nicht nennenswerte Brandblase, die bereits am nächsten Tag kaum zu sehen war. Ich hatte kein verbranntes Haus. 
Im Herbst setzte mein Vater sich hin, um mir meine Laterne zu basteln und meinen von ihm selbstgebastelten Adventskalender zu befüllen - und spätestens da wusste ich, er hat mich gern und will mir keinen Schaden – also war dieser Finger notwendig.

Die Situation, in die ich mich selbst manövriert hätte – und die mein Vater hätte zulassen müssen damit ich daraus lerne, wäre um einiges gefährlicher gewesen.
Die Situation, die mein Vater mir unter seiner Aufsicht „aufzwang“ war vergleichsweise harmlos – hatte aber dieselbe Wirkung.

Väter sind mit ihrem guten Verhalten ein Beispiel für Gott und die Gemeinde. (Ich liebe es dass Gott für ungefähr alle Wahrheiten seines Wortes ein Beispiel in dieser Welt hat – außer für die Dreieinigkeit). Ich finde, dass mein Vater gut gehandelt hat – also wie kann ich dieses Beispiel auf Gott übertragen?

(In meinem Gedankengang war es eigentlich genau andersrum, ich dachte über Gott nach und dann fiel mir der Vergleich mit meinem Vater ein – der perfekt passte. Aber hier tu ich mal so, als wäre es andersrum, um es deutlicher zu machen)

Ich möchte niemals, dass Gott mich aus meiner Dummheit in eine blöde Situation laufen lässt. 
Wenn ich krank im Bett liege, möchte ich nicht denken „Gott hat es zugelassen“ wie ein Kind, das nicht wusste dass der Herd heiß ist und nun in eine schwere Situation kommt, die dem Kind nichts anderes lehrt, als dass es was dummes gemacht hat. Gut, ja, ich würde auch als dieses Kind in Zukunft Angst vor dem Herd haben und daraus gelernt haben, aber die Leidenssituation wäre meine eigene Schuld gewesen. 

Ich will nicht dass Gott nur so im Kreis auf meinem eigenen Weg um mich her läuft und mich nur hier und da schützt. Er soll doch mein komplettes Leben LENKEN! Und wenn es dann ab und zu ein Ort ist, den ich erst komisch finde, dann ist das so.

Ich will nicht dass Gott nur "zulässt". Dazu ist er viel zu mächtig.
Als hätte Gott keine Möglichkeit, den ganzen Weg zum Herd zu lenken und würde sich erst beim Herd mit den Worten „das ist mir zu unheilig, da kann ich dir leider nicht mehr helfen, aber sei dir sicher: ich schau dir zu und leide mit dir.“ zurückziehen.

Ich halte nicht viel von der Ansicht, Eltern müssten ihre Kinder ständig ihre eigenen Fehler machen lassen. Dass sie mit dieser Begründung nicht einmal eine Warnung aussprechen, oder den Trotz eines Kindes hinnehmen. 


Ich will niemals, dass Gott meinen Trotz hinnimmt, damit ich daraus lerne. Denn das ist super anstrengend für ihn, mich - und alle anderen. Ich will mich darauf verlassen können, dass er mir sofort meinen Hintern versohlt, wenn ich frech zu ihm bin. 
"Denn wen der Herr lieb hat, den züchtigt er und er schlägt jeden Sohn, den er annimmt." (Hebräer 12:6)

Und ich weiß, wie verheerend es ist, die Strafe der Väter mit der von Gott zu vergleichen. Das weiß Gott selbst auch, weshalb in der Bibel steht:

"Jene haben uns für wenige Tage gezüchtigt, so wie es ihnen richtig erschien - Er aber zu unserem Besten, damit wir seiner Heiligkeit teilhaftig werden." (Hebräer 12:10)

Bei Gott ist keine Willkür, keine Ungerechtigkeit, keine Lieblosigkeit und kein wischi waschi.

Gott ist Liebe, er ist Gerechtigkeit, er ist standhaft (der Selbe für immer) und gnädig.
Und deshalb wert, nicht nur unseren Lob mit dem Mund - sondern unser vollkommenes Vertrauen zu bekommen.

Sogar seiner Strafe vertraue ich mich in Freuden an, "denn er ist sanftmütig und von Herzen demütig" (Matthäus 11:29).


Und wenn sogar seine Strafe das Beste für mich ist und ich bereit bin, sie anzunehmen:

Wie viel mehr alles, was er mir gibt, um mich zu stärken. Wodurch er mir die Möglichkeit gibt, meinen Glauben zu bewähren und nicht nur gegen mich selbst - sondern sogar im Kampf gegen die unsichtbare Welt zu siegen? Wie Hiob!
"Wenn wir das Gute von Gott annehmen, sollten wir da das Böse nicht auch annehmen?" (Hiob 2:10)


Alle kennen den Vers aus Römer 8:18: „Denn ich bin überzeugt, dass die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.“
Wir mögen den Vers, wir nehmen den so gern für "Ach Gott, das Leben ist so gemein zu mir."
Aber packen wir den Vers mal in den Zusammenhang: (Römer 8 komplett, ich nehme hier mal einzelne Aussagen raus)
"Wenn aber der Geist dessen, der Jesus aus den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird derselbe, der Christus aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig MACHEN durch seinen Geist, der in euch wohnt."
Er macht uns also selbst lebendig. Gut. Und wie?
"Denn wenn ihr gemäß dem Fleisch lebt, so müsst ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Leibes tötet, so werdet ihr leben."
Gut. Und wenn der Geist meinen Geist lebendig macht, tötet er also meinen Leib. Ganz schön hart. Und gleichzeitig so schön. Und in diesem Zusammenhang folgender Vers:
„Denn ich bin überzeugt, dass die Leiden der jetzigen Zeit nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.“
Gott ist so gut, er macht uns lebendig, gibt uns immer nur das Beste und weil wir unseren Maßstab daran, was das Beste für uns ist, an dieser Welt messen, sind wir beleidigt - und Gott tröstet uns.
Kurz danach noch dieser Vers:
"Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Vorsatz berufen sind."
Und
"Ist Gott für uns, wer kann gegen uns sein?"

Wenn ich krank im Bett liege, möchte ich wissen, dass das was mir gerade passiert, Gott selbst ist, der meinen Finger verbrennt. Um mich etwas zu lehren, das ich wissen muss, was er mir selbst unter seiner allmächtigen Kontrolle beibringt.
Ich möchte wissen, dass er gleichzeitig im Kopf hat, dass er nicht möchte, dass mein ganzes Haus verbrennt und meine Familie (seine Gemeinde) leiden muss – sondern dass er mir etwas aus liebender Hand zukommen lässt – um mehr als nur mich zu schützen. 
Ich möchte wissen, dass Gott mich aus jeder Situation retten kann – und wenn er es nicht tut, werde ich darauf vertrauen, dass er es nicht tut, weil es das Beste für mich  und seine Gemeinde ist.
Ich vertraue darauf dass alles was mir passiert ist - und in Zukunft passieren wird, das Beste ist, was passieren kann – weil ich niemals aufhören werde, in Gottes Gegenwart zu leben – Gott helfe mir dabei. 
Ich vertraue, dass ich jede Situation in die ich komme, selbst gewählt hätte – würde ich Gottes Blick auf die Ewigkeit haben.
Ich vertraue darauf, dass er mich führt und leitet und niemals auch nur eine Sekunde meine Hand loslässt, damit ich meine Erfahrungen machen kann, aus denen ich lernen soll.
Ich vertraue darauf, dass er mich selbst lehrt.
Ich vertraue darauf, dass Gott selbst mein sündiges Leben gebraucht und so sehr das Beste daraus macht, dass Satan sich wünscht, er hätte mich niemals in diese Lage gebracht, weil Gott mir selbst das zum Besten dienen ließ, weil ich dadurch Gnade, Vergebung und Demut lerne.

Als David eine Sünde begeht, lässt Gott ihn entscheiden, ob er ihn selbst bestrafen soll, oder ob er von Menschen bestraft werden soll. David sagt:
2. Samuel 24:14:
Mir ist sehr angst! Doch lass uns in die Hand des HERRN fallen, denn seine Barmherzigkeit ist groß; aber in die Hand der Menschen will ich nicht fallen!

Natürlich ist nicht jedes Leid eine direkte Folge von Sünde.
Aber gerade wenn es keine Folge von Sünde ist, kann ich wissen, dass mir das gerade nur passiert um Gott zu verherrlichen.
Und wenn es dann doch meine Konsequenz der Sünde ist – die zu tragen das Beste für mich ist – ja dann gilt auch da „Lass mich in die Hand des Herrn fallen, denn seine Barmherzigkeit ist groß, aber in die Hände der Menschen will ich nicht fallen - ich will nicht einmal in meine eigenen Hände fallen!“




Und deshalb ganz ungeschönt zusammengefasst:

Ich vertraue darauf, dass Gott mir aus seiner eigenen Hand Leid gibt.
Nicht mehr, als ich und seine Gemeinde tragen kann. 
Und nicht weniger, als nötig ist, um ihn zu verherrlichen. 
Ich hoffe darauf, dass er auch mein Leid, zusammen mit meiner Freude bewusst in mein Leben eingeplant hat und zu jeder Zeit die vollkommene Kontrolle hat. 
Und ich weiß, er ist ein barmherziger Gott.
 

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Weise mir deinen Weg, Herr! Ich möchte in Treue zu dir mein Leben führen. Richte mein Herz auf eines aus: deinem Namen in Ehrfurcht zu begegnen.

(Psalm 86:11)





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Nachtrag:

Natürlich habe ich leicht reden. Aber ich lerne diese Wahrheit, solange ich es leicht habe, damit ich es im Leid, wenn mein Denken versagt, schon weiß.



Außerdem ein Lied (mit einem Zitat von John Piper), das ich zu diesem Post geschickt bekommen habe: