Die Kunst, JA zu sagen

...und dabei zu bleiben


Das Internet ist voll von Achtsamkeit, Anti-Stress, das Verschwinden der work-life-balance, Yoga, Selbstfindung, ...
und das gipfelt dann in beliebten Beiträgen über das "Nein-sagen" Auch mal nein sagen, nicht immer zu allem ja sagen, sich nicht übernehmen, nicht übertreiben, einfach mal "Nein" sagen.

Und es nervt mich.

Wir überspielen unsere Faulheit nur allzugern mit geheucheltem Stress.
"Das ist mir zu viel." - Ein Satz, der viel zu oft gelogen ist. Ich selbst habe ihn dieses Jahr benutzt und muss im Nachhinein gestehen, es war gelogen. Ich glaube, ich hätte es tatsächlich nicht geschafft, aber als ich absagte, gewann doch eher der Gedanke, dass ich keine Lust hatte.

"Öfter nein sagen." Okay, schön und gut. Ich unterstreiche diesen Satz, wenn man wirklich eine Person ist, die zu viel um etwas gebeten wird.
Aber erst ja sagen und dann später absagen ist nicht nein sagen! (Wie ich es tat)
"Doch nicht" ist nicht "Nein."!

Und sagt man dann nein - und zwar dann, wenn man gefragt wird, sollte man doch ehrliche Begründungen liefern. "Ich möchte das nicht." Ist ausreichend und darf niemals Grund zum Anstoß sein.
"Ich schaffe das nicht." hingegen - und dann eine Staffel Greys Anatomy durchschauen - das ist Grund zum Anstoß.





Ich plädiere hiermit, öfter "Ja" zu sagen.

- und dabei zu bleiben!

Verlässlichkeit. 

Sei keine Person, die nach einer Zusage nicht in die Liste eingetragen wird, weil man mit deiner nachträglichen Absage mehr rechnet, als mit wirklichem Erscheinen.

Wenn du um etwas gebeten wirst, oder du eingeladen wirst, mach dir gründlich Gedanken, ob du dabei bist - trage es in deinen Kalender ein - und dann bleib bei deiner Antwort.
Und bist du dir unsicher, sag doch einfach mal ja - und bleib dabei!

Setz Prioritäten, (Bei mir bedeutet das zum Beispiel ganz klar, was zuerst im Kalender stand, hat gewonnen und anderen Möglichkeiten wird nicht hinterhergetrauert. Es sei denn, eine einmalige Gelegenheit würde eine regelmäßige ersetzen, dann wird mit allen Beteiligten gesprochen)

Führe einen Kalender (dazu gibt es nichts weiter zu sagen)

Wenn du zu etwas ja gesagt hast, sind jegliche Gedanken darüber, ob man das schafft, ob man doch absagen sollte, keine Option. 

Achte darauf, dass Aufwand und Ergebnis maximal gleich hoch sind. Es macht nicht viel Sinn, stundenlang an etwas zu sitzen, wovon man dann 5 Minuten was hat, was im schlimmsten Fall nicht einmal nachwirkt. Übertreibt man immer mit dem Aufwand, ist es klar, dass man irgendwann frustriert alles absagt.

Natürlich gibt es heftige Gründe, die einen unweigerlich dazu bringen, etwas nachträglich abzusagen. Aber ich denke, jeder weiß selbst, ob dies eine berechtigte Ausnahme, oder leider die Regel ist.
  

Verlässliche Menschen sind nicht immer treue Menschen.

Aber treue Menschen sind immer verlässlich!

(Den Begriff Treue beschränke ich nicht auf die Ehe. Es ist schon die Treue im Übernehmen von Verantwortung; im Halten von Freundschaften; im Durchziehen von Schullaufbahnen, Ausbildungen, ....)

Treue ist meiner Meinung nach niemals ein natürlicher Charakterzug.
Niemand ist einfach ein treuer Mensch.
Entweder, Treue ist anerzogen, oder man muss es lernen.

Aber man lernt halt nicht einfach Treue.
Verlässlichkeit, Pünktlichkeit, Belastbarkeit, Ehrlichkeit, ...
das kann man lernen (oder unsere Familie war so cool, uns unser Leben so heftig zu vereinfachen, indem sie uns das als Kinder beibrachten) und im besten Fall wächst daraus Treue, aber niemals ist es ganz natürlich in unserem Wesen verankert.

Verlässlichkeit ist unglaublich wichtig und Grundlage jeder funktionierenden Familie, Gemeinde, Beziehung, Arbeitsverhältnis, ... es ist nicht einfach nur ein toller Bonus.

Sei ein Mensch, für den ein Rückzug nach einem herzhaften JA nicht mehr in Frage kommt.
Der sich nicht dauernd fragt, ob vergangene Entscheidungen überdacht werden sollten, sondern mit seinen getroffenen Entscheidungen lebt - und glücklich mit ihnen ist.
Denn nur solche Menschen können unsere Gesellschaft tragen und positiv formen.